29.08.2020,  db

Moscheeverein und Minarett

Stellungnahme zu Artikeln und Leserbriefen in der Presse im August 2020

Zum Moscheeverein und dessen Forderung, den Ruf des Muezzins vom Minarett zuzulassen

Die Freien Wähler Weinheim unterstützen das Vorgehen der Verwaltung in dieser Angelegenheit und bedauern es vor allem, dass der Moscheeverein ein sehr selektives Verhältnis zur Baugeschichte des Minaretts und zur Rechtslage hat.

Aus den Baufortschrittsberichten zur Herstellung des Fundamentes einerseits und des Minaretts andererseits entstand der Eindruck, dass der Moscheeverein immer wieder versuchte, genehmigte Grenzen zu überschreiten. Die Aufstellung eines Minaretts mit einer nicht genehmigten Treppe hinter einer Tür war eine Missachtung der Bauvorschriften und ein erster Vertrauensbruch. Im Sinne einer pragmatischen Lösung wurde die Baugenehmigung mit einer Baulast erteilt, die den Muezzinruf ausschließt, was der Vorstand der Gemeinde persönlich unterschrieben hat. Wenn jetzt ein Antrag für einen Gebetsruf gestellt wird, wird der Bürger sofort misstrauisch.

Im WN-Artikel vom 8.8.2020 heißt es: Die Stadtverwaltung „verwies … auf ein Telefonat vom 7. Mai, bei dem Oberbürgermeister Just in einem offenen, sachlichen und wertschätzenden Gespräch die Haltung der Stadtverwaltung und die geltende Rechtslage“ gegenüber dem Vereinsvorsitzenden Ünal dargestellt habe. Just habe bereits bei diesem Telefonat deutlich gemacht, dass die Baulast „absolut bindend und nicht verhandelbar“ sei.

Wer hat in den Monaten Mai, Juni und Juli die Gerüchte in der Nordstadt gestreut, dass man eine Zustimmung zum Antrag für den Gebetsruf des Muezzins erwartet? War dies ein weiterer Vertrauensbruch?

Jetzt spricht man laut Weinheimer Nachrichten von Vertrauensbruch, weil gemäß Aussage des Vorsitzenden der Ditib-Gemeinde Weinheim, Ishak Ünal, zugesagt war: „Bei unserem gemeinsamen Gespräch am 27. Juli waren wir uns einig, dass der Inhalt nicht an die Presse herangetragen werden soll.“ Und weiter heißt es: „Dass dies nur zwei Tage  später doch geschah, sehen wir als einen Vertrauensbruch.“ Die Stadt bestätigte diese Vereinbarung zur Vertraulichkeit. Doch dann habe man erfahren, dass dazu in der Nordstadt bereits ‚Gerüchte kursieren‘ und das Thema im Newsletter der Nordstadtfreunde angesprochen werde. Deshalb habe man sich zu einer Veröffentlichung entschlossen. In einer Demokratie sind Vertraulichkeitsvereinbarungen und Geheimhaltungen immer wieder der beste Nährboden für Gerüchte und „fake news“, was zu Missverständnissen und zur Instrumentalisierung führt. Hier ist Offenheit und Transparenz erforderlich.

Für die Freien Wähler gibt es in diesem Sinne keinen Vertrauensbruch, da alles bekannt war.

Das Angebot der Stadtverwaltung an den Moscheeverein, diesen Sachverhalt mit den Fraktionen zu diskutieren, führte im Moscheeverein vermutlich zu einer Einschätzung, dass man an dieser Rechtslage etwas ändern könne. Hat man unserem Oberbürgermeister nicht geglaubt? Im Gespräch mit den Fraktionsvertretern erwartete man eine Zustimmung zum Antrag für den Gebetsruf des Muezzins, obwohl die Rechtslage dies nicht zulässt. Das spricht nicht dafür, dass man respektvoll miteinander umgeht, und es erklärt, warum die nicht erfüllte Erwartung als Kränkung verstanden wird.

Ein letztes Wort noch zum Dachverband DITIB. Der ehemalige Vorsitzende der Türkisch-Islamischen Gemeinde Weinheim, Hasan Sarica, sagte: „Unfair und unsachlich sei es zum Beispiel, wenn behauptet werde, hinter dem Antrag stecke eine strategische Vorgehensweise, die vom Dachverband DITIB gesteuert sei, der ja ohnehin nur der „verlängerte Arm Erdogans“ wäre. „Unsere Moscheegemeinden wurden von hier lebenden Muslimen gegründet. So entstand im Jahr 1984 die DITIB. Es ist richtig, dass unsere Imame bis heute von der Türkei entsandt werden, da die Vereine das allein finanziell nicht stemmen könnten. Zum anderen fehlt es uns hierzulande auch an Fachkräften.“ Auch dies ist eine sehr selektive Beschreibung der Realität. Seit der Gründung von DITIB sind 36 Jahre ins Land gegangen, und vieles hat sich speziell seit dem 15. Juli 2016 verändert. In der in Deutschland landesweit verbreiteten Bild-Zeitung von Donnerstag, den 13.8.2020, konnte man unter der Überschrift „Zoff um Erdogan-Moschee auf Köln-Trikot“ dazu lesen: „Die Liste der Verfehlungen ist mit Kriegsverherrlichungen in den Moscheen, Spionage durch DITIB-Imame, Einflussnahme bei türkischen Wahlen und Hetzpredigten gegen Christen und Juden lang.“

Die Freien Wähler Weinheim würden es begrüßen, wenn die Weinheimer DITIB Moschee Offenheit und Transparenz pflegen würde, um Mißverständnisse zu vermeiden.

Dr. G. Bäro, Fraktionsvorsitzender